Wann ist ein Kreditvertrag sittenwidrig?
Allgemein ist zur Sittenwidrigkeit im BGB bestimmt:
- § 138 BGB Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher
- (1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
- (2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
Die Meinung, schon einen "Wucherzins" bezahlen zu müssen, führt allein noch nicht zur Sittenwidrigkeit und damit Nichtigkeit eines Kreditvertrages. Meistens wird die Sittenwidrigkeit überhaupt erst durch Auslegung der Tatbestände in einem Gerichtsverfahren festgestellt. Trotzdem kann sich ein "übervorteilter" Kreditnehmer seine Chancen vorher ausrechnen, wenn er die Rechtsprechung zur Sittenwidrigkeit heranzieht. Nach den Entscheidungen des BGH sollten insbesondere folgende Merkmale zugleich gegeben sein:
- 1. Es muss ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bestehen;
- 2. der Kreditvertrag muss unbillig belastende Kreditbedingungen enthalten;
- 3. die wirtschaftliche Unerfahrenheit und finanzielle Notlage des Kreditnehmers müssen bewusst ausgenutzt oder leichtfertig in Kauf genommen worden sein.
Nach der üblichen Rechtsprechung liegt ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bei Krediten dann vor, wenn der effektive Zinssatz die am Markt üblichen Zinsen um 12 Prozentpunkte oder das Doppelte überschreitet. Der effektive Jahreszins kann nach der oben geschilderten Methode berechnet werden. Als Hilfsgröße, die ohne Computer zu berechnen ist, mag der - auch teilweise von Gerichten benutzte - Zinssatz nach der früher üblichen "Uniformmethode" gelten; bei Laufzeiten zwischen 30 und 60 Monaten weicht sie von der Methode nach der PAngV nur wenig ab.
In die Gesamtkosten sind alle Bearbeitungs- und Vermittlungsgebühren einzurechnen, nicht aber die Kosten einer Restschuldversicherung. Sind diese Kosten im Kreditvertrag enthalten, müssen sie einschließlich der darauf entfallenden Zinsen und Gebühren herausgenommen werden.
Zum Vergleich wird der von der Deutschen Bundesbank monatlich veröffentlichte Schwerpunktzinssatz für Ratenkredite herangezogen.
Bei diesem Vergleichszins wäre ein Missverhältnis gegeben, wenn der Effektivzins über 18% liegen würde; bei einem Vergleichszins von z. B. 14% bereits bei 26%. Belastende Kreditbedingungen sind regelmäßig dann gegeben, wenn sie einer Nachprüfung nach § 9 AGB-Gesetz nicht standhalten würden.
Die Notlage und Unwissenheit gilt insbesondere dann als ausgenutzt, wenn kein oder ein falscher effektiver Jahreszins angegeben wird oder wenn versteckte Gebühren berechnet werden. Ausländische Arbeitnehmer, Flüchtlinge, Umsiedler oder gerade ins Berufsleben eingetretene Personen können die Folgen einer Verschuldung und die mit einem Kredit übernommenen Verpflichtungen oft nicht übersehen.
Welche Folgen hat die Sittenwidrigkeit eines Kredits?
Wenn ein Kredit als sittenwidrig anerkannt wird, ist der Vertrag als solcher ungültig. Der Kreditnehmer braucht dann nur noch zu den vereinbarten Terminen Raten aus dem Auszahlungsbetrag zurückzuzahlen; Zinsen und alle Gebühren entfallen. Die Versicherungsprämien müssen weiterbezahlt werden, allerdings aus der um die Zinsen und Gebühren verminderten Kreditsumme.
Die Ansprüche auf Rückerstattung bereits gezahlter Kosten aus einem sittenwidrigen Vertrag verjähren innerhalb von vier Kalenderjahren nach Bezahlung. Die Verjährung muss durch gerichtliche Maßnahmen unterbrochen werden, wenn man sie verhindern will.
Was ist bei sittenwidrigen Krediten zu unternehmen?
Wenn der Kreditnehmer den Verdacht hat, dass bei der Abwicklung des von ihm aufgenommenen Kredits seine Rechte nicht beachtet werden, kann er sich an folgende Stellen wenden, um sich beraten zu lassen und letztlich zu seinem Recht zu kommen:
- Rechtsberatung der Verbraucherzentralen
- Öffentliche Rechtsberatungsstellen
- Rechtsanwalt; in Kreditproblemen bewanderte Rechtsanwälte können beim Anwaltsverein oder einer Verbraucherzentrale erfragt werden.
Die Verbraucher-Zentralen unterhalten in nahezu jeder größeren Stadt Beratungsstellen, die dem örtlichen Telefonbuch entnommen oder bei den Verbraucher-Zentralen im jeweiligen Bundesland erfragt werden können.
Wird die Rechtsberatungsstelle oder ein Anwalt eingeschaltet, muss bei einem gewonnenen Prozess der Kreditgeber alle Kosten tragen. Wendet man sich an einen Anwalt, kann dieser prüfen, ob bei Bedürftigkeit Prozesskostenhilfe beantragt werden kann. Der Anwalt kann die Klage unter der Bedingung einreichen, dass das Gericht Prozesskostenhilfe gewährt. Das Gericht prüft dann vorab, ob die Klage Aussicht auf Erfolg hat. Verliert der Kreditnehmer den Prozess, muss er nur die Kosten des gegnerischen Anwalts tragen.
Macht der Kreditgeber seine Forderungen aus einem sittenwidrigen Kreditvertrag gegenüber dem Arbeitgeber geltend, indem er von der Lohnabtretung Gebrauch macht, sollte der Arbeitgeber auf die mögliche Sittenwidrigkeit der Forderung hingewiesen werden. Lässt der Kreditgeber einen Mahnbescheid zustellen, sollte sofort beim Amtsgericht Widerspruch eingelegt werden; dies ist durch Ankreuzen auf dem vorn Gericht beigelegten Formular möglich, das dem Gericht zurückgesandt wird.
Kreditformen
Entsprechend den persönlichen oder betrieblichen Bedürfnissen muss die passende Kreditform dem Kreditwunsch zugeordnet werden. So ist es wirtschaftlich sinnvoller, für eine kurze Zeit einen Überziehungskredit aufzunehmen, auch wenn der Zinssatz höher als bei einem mittelfristigen Kredit ist.
Rechtlich ist der Kredit ein Darlehen, bei dem die gleiche Sache, also Geld, zurückgegeben werden muss. Persönlich hat jemand "Kredit", wenn man in ihn das Vertrauen setzt, dass er fähig und bereit ist, seine Verpflichtungen vereinbarungsgemäß zu erfüllen. Wirtschaftlich ist der Kredit die Überlassung von Kaufkraft in der Gegenwart, also eine Vorleistung im Vertrauen auf eine spätere Gegenleistung.
Kredite werden nach folgenden Gesichtspunkten unterschieden:
- Nach dem Kreditnehmer unterscheidet man den Produktivkredit und den Konsumentenkredit. Von Produktivkredit spricht man, wenn ein Kredit an gewerbliche Kreditnehmer geht und damit der Steigerung der Ertragskraft und der Substanzerhaltung eines Betriebs dient. Wenn der Kredit von Privaten zum Kauf von Verbrauchsgütern oder zum sonstigen Einsatz in Privathaushalten aufgenommen wird, liegt ein Konsumkredit vor.
- Nach der Art der Kreditleistung unterscheidet man den Barkredit, der bar oder auf ein Konto ausgezahlt wird, den Bürgschaftskredit, bei dem der Kreditgeber durch Verbürgung nur seinen guten Namen "verleiht", und den Warenkredit, bei dem der Lieferant seinem Kunden den Kaufpreis stundet.
- Je nachdem, wer Kreditgeber ist, spricht man vom Bankkredit, Lieferantenkredit, Privatkredit, Kapitalmarktkredit und Staatskredit.
- Nach dem Verwendungszweck des Kredits gibt es den Investitions-, Betriebsmittel- oder Zwischenkredit.
- Ein kurzfristiger Kredit hat eine Laufzeit bis zu einem Jahr, ein mittelfristiger Kredit von einem bis unter vier Jahren und ein langfristiger Kredit eine Laufzeit ab vier Jahren. Innerhalb der Banken wird der Kredit hauptsächlich nach der Art der banktechnischen Abwicklung unterschieden.