Umschuldungsproblematik

Umschuldungsmotive

Als Umschuldung bezeichnet man die Ablösung eines Kredites (meist vor der eigentlich vereinbarten Endfälligkeit) bei gleichzeitiger anderweitiger Mittelaufnahme des Schuldners. Im Gegensatz zur Sondertilgung kann der Schuldner seine Verbindlichkeiten bei der Umschuldung nicht abbauen, sondern lediglich umstrukturieren. Die eigentlichen Auslöser für ein solches Vorgehen sind vielfältig und sollen im folgenden systematisch dargestellt werden.

Umschuldungsvorgänge können von beiden Partnern des Kredites initiiert werden.

Planmäßige Umschuldungen

Bei planmäßigen Umschuldungen steht von Anfang an fest, dass ein bestimmtes Darlehen nach einer festgelegten Zeitspanne durch ein anderes ersetzt werden soll. Eine solche Sachlage ergibt sich regelmäßig bei Zwischenfinanzierungen. So werden Bauvorhaben oftmals umgeschuldet, wenn zum Zeitpunkt der Erstfinanzierung das Bauspardarlehen noch nicht Zuteilungsreif war. Bei beiderseits geplanten Umschuldungen treten gewöhnlich keine Probleme oder Streitfragen auf.

Außerplanmäßige Umschuldungen

Zu einer vom Kreditgeber ausgelösten Umschuldung kommt es meist deshalb, weil dieser mit der Bonität oder Zahlungsmoral seines Schuldners nicht zufrieden ist. Konkrete Auslöser sind oftmals säumige Zins- und Tilgungszahlungen, drastisch verschlechterte GuV-Abschlüsse sowie die Gefahr der ökonomischen oder rechtlichen Entwertung von Sicherheiten. Für solche Fälle behält sich der Gläubiger im Kreditvertrag auch regelmäßig ein außerordentliches Kündigungsrecht vor. In der Praxis wird der Gläubiger jedoch gerade in kritischen Situationen des Schuldners auf eine Fälligstellung des Kredits oftmals verzichten, weil er sonst dessen Situation noch weiter verschlechtern und eventuell sogar den Konkurs des Kreditnehmers verursachen würde, was letztlich auch nicht im Interesse des Gläubigers liegen wird. Unzufriedenheit des Kreditnehmers mit dem Gläubiger kann ebenfalls zu Umschuldungen führen. Die Gründe für die Unzufriedenheit können vielfältig sein und müssen nicht aus dem betreffenden Kreditverhältnis herrühren, sondern können aus anderen Bereichen der Geschäftsbeziehung stammen (zum Beispiel Ärger mit Auslandszahlungsverkehr, Wertstellungspraxis, versagte Sonderkonditionen etc.). Häufig ist die Umschuldung eine Folge der Aufgabe der Geschäftsbeziehung oder eines Wechsel der Hauptbankverbindung durch den Kunden.

Eine weitere Umschuldungsursache stellen vom Schuldner gewünschte Neukredite oder Tilgungsstreckungen dar, die vom Gläubiger nicht bewilligt werden. Findet der Schuldner einen anderen Kreditgeber, so führt er oftmals aus Verärgerung über die nicht bewilligte Neuverschuldung auch seine Altverbindlichkeiten bei diesem Gläubiger zurück und finanziert den hierdurch entstehenden Mittelbedarf durch Erhöhung des Neukredites. Diese Vorgehensweise wird teilweise durch den neuen Gläubiger unterstützt, da dieser sein Geschäftsvolumen stärker ausweiten kann und zudem an den Sicherheiten interessiert ist, die eventuell durch einen Altkredit blockiert sind und nach der Umschuldung für den neuen Gläubiger zur Verfügung gestellt werden.

Auch eventuell eingeschaltete Kreditvermittler haben ein Interesse an Umschuldungen. Da die Vergütung des Kreditvermittlers an die Kreditsumme geknüpft ist, hat er Interesse daran, bestehende Altverbindlichkeiten durch Umschuldung in den neuen Kredit zu übernehmen und damit die Kreditsumme zu steigern. Dem Kunden wird eine solche Kreditzusammenfassung meist mit dem Hinweis auf die bessere Übersichtlichkeit und die geordnetere Durchführung der Entschuldung empfohlen, obwohl die mit der Umfinanzierung verbundenen Kosten erheblich sind.

Umschuldungen resultieren außerdem aus dem Versuch des Kreditnehmers, seine Verbindlichkeiten zinsoptimal zu strukturieren: So wird versucht, in Perioden hoher Zinssätze nur kurzfristige Verbindlichkeiten oder Schulden mit Zinsgleitklauseln einzugehen, um später bei gesunkenen Kapitalmarktsätzen in längerfristige Darlehen oder Festsatzkredite überzuwechseln. Die Durchführung einer solchen Verschuldungspolitik wird auch als Debt Management bezeichnet. Da sich die Zinserwartungen der Schuldner im nachhinein mitunter als falsch erweisen, kommt es auch zu korrigierenden Umschuldungen.

Ein solcher Fall ist beispielsweise gegeben, wenn ein Kreditnehmer, der mit steigenden Kapitalmarktzinsen rechnete, nach Abschluss eines langfristigen Festzinsdarlehens feststellen muss, dass es zu einer nachhaltigen Zinssenkung am Kapitalmarkt gekommen ist. Sowohl gewerbliche als auch private Schuldner versuchen in dieser Situation eine vorzeitige Ablösung des Festzinsdarlehens bei gleichzeitiger Neuverschuldung beim gleichen Institut oder einem anderen Gläubiger zu günstigeren Konditionen.

Rechtliche Aspekte der Umschuldung

Keine rechtlichen Probleme treten auf, wenn:

Rechtliche Probleme können auftreten, wenn bei nicht geplanten Umschuldungen die Voraussetzungen des § 609a BGB nicht erfüllt sind.

Ob es in einem solchen Fall für den Kreditnehmer problemlos zur Umschuldung kommt, hängt von verschiedenen Faktoren ab:

Sind die oben genannten Voraussetzungen nicht gegeben, so kann sich der Gläubiger dem Umschuldungsbegehren widersetzen.

Wirtschaftliche Aspekte der Umschuldung - Einzelwirtschaftliche Aspekte

Sicht des Kreditnehmers

Im Normalfall profitiert der Kreditnehmer von der Umschuldung, da er sich kostengünstiger finanzieren bzw. die Zinsbasis (Festzins oder Gleitzins) gemäß der veränderten Kapitalmarktentwicklung seinen Interessen entsprechend anpassen kann.

Jedoch können Umschuldungen auch zu wirtschaftlichen Nachteilen beim Kapitalnehmer führen. Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn die Umschuldung unplanmäßig erfolgt, beispielsweise spontan aus einer Verärgerung über den Gläubiger heraus. Gleiches gilt, wenn nach jeweils nur kurzer Kreditdauer der Gläubiger häufig gewechselt wird (Umschuldungskarussell).

Insbesondere unseriöse Kreditvermittler raten ihren ökonomisch wenig bewanderten Klienten zu häufiger Umschuldung, da sie bei jedem Kreditvorgang erneut eine Vermittlungsgebühr erhalten. Für den Schuldner bedeutet dies jedoch eine Kumulation von Kreditkosten, da er neben der üblichen Zinslast auch bei jeder Umschuldung noch die Bearbeitungsgebühr und Courtage für den Neukredit tragen muss.

Wirtschaftliche Nachteile können dem Kreditnehmer zudem aufgrund eines vereinbarten Disagios beim Altkredit entstehen, da sich die Verkürzung der Laufzeit aufgrund des Auszahlungsabgeldes effektivzinssteigernd auswirkt. Zur anteiligen Rückzahlung des Disagios bei schuldnerbedingter Umschuldung des Kredites sind die Gläubiger nämlich gemäß der herrschenden Rechtsprechung grundsätzlich nicht verpflichtet. Die effektivzinsneutrale Aufnahme eines Disagios bei gleichzeitiger Senkung der Nominalverzinsung macht die Umschuldung für den Kreditnehmer daher unattraktiver und stellt ein höchst wirksames ökonomisches Umschuldungshemmnis dar.

Sicht des Kreditgebers

Für den Kreditgeber ist jede ungeplante Umschuldung negativ zu bewerten, da sie für ihn eine Ergebnisschmälerung bedeutet. Führt die Umschuldung gleichzeitig zu einem Gläubigerwechsel, so erhält der bisherige Gläubiger einen unerwarteten Liquiditätszufluss, für den er unter Umständen keine adäquate Anlagemöglichkeit besitzt.

Gesamtwirtschaftliche Aspekte

Es wird argumentiert, dass durch das Recht auf vorzeitige Kündigung die geldpolitische Steuerung der Bundesbank unterlaufen werden kann. Strebt die Bundesbank nämlich aus wirtschaftspolitischen Gründen hohe Zinsen an, so will sie damit bewusst die Kreditaufnahme verteuern und einschränken. Man kann nun argumentieren, dass der Kreditnehmer, der sich dennoch entgegen den wirtschaftspolitischen Zielen der Bundesbank zu hohen Zinssätzen verschuldet, nicht die Möglichkeit haben sollte, nach Abklingen der Hochzinsphase bequem umzuschulden. Gemäß dieser Argumentation wirkt ein vorzeitiges Kündigungsrecht also gesamtwirtschaftlich kontraproduktiv - zumindest in dem Sinne, dass die Bundesbank die Zinsen stärker erhöhen muss als ohne Kündigungsrecht, um denselben Verknappungseffekt zu erzielen.