Bestimmungsgrößen für die Leistungsfähigkeit des Unternehmens
Für eine weitergehende zukunftsbezogene Analyse muss die künftige Leistungsfähigkeit des Unternehmens untersucht werden. Diese lässt sich aus diversen Faktoren ableiten.
Unternehmensinterne Faktoren
Im wesentlichen geht es um folgende:
- Qualifikation und Struktur des Managements einschließlich der Organisationsstruktur des Gesamtbetriebes,
- Produkte unter dem Aspekt der Produktqualität und der künftigen Marktgängigkeit,
- Vertriebswege,
- Produktionstechnologie, insbesondere auch unter dem Aspekt des Rationalisierungsgrades im Vergleich zu Konkurrenzunternehmen,
- Standort des Unternehmens unter dem Aspekt der verkehrsmäßigen Anbindung und der Personalbeschaffung,
- Risk-Management (Debitorenrisiko, Länderrisiken),
- finanzwirtschaftliche Position unter dem Aspekt der finanzwirtschaftlichen Elastizität, unter anderem zur Finanzierung von Zukunftsinvestitionen und zur Bewältigung etwaiger Krisensituationen.
Unternehmensexterne Faktoren
Hierzu zählen vor allem:
- Absatzmarkt unter Berücksichtigung eventueller Länderrisiken,
- Marktpotential,
- Marktstellung,
- Marktstellung,
- Beschaffungsmärkte,
- Konkurrenzsituation,
- währungspolitische Einflüsse auf der Absatz- und Beschaffungsseite,
- Personalbeschaffungsmarkt,
- gesetzliche Restriktionen wie zum Beispiel Umweltauflagen, Im- und Export-Restriktionen etc.
Qualifikation und Struktur des Managements
Letztlich ist die Qualifikation des Managements die wesentliche Komponente schlechthin für die Beurteilung der künftigen Leistungsfähigkeit eines Unternehmens. Insbesondere in Krisensituationen wird nur ein Unternehmen mit gutem Management erfolgreich operieren können.
Das wesentliche Kapital eines Unternehmens ist nicht das in der Bilanz ausgewiesene Eigenkapital, sondern die Qualifikation und Motivation der Mitarbeiter und damit auch des Managements. Insofern kommt der Beurteilung des Managements eine zentrale Bedeutung im Rahmen der Bonitätsbeurteilung zu. Allerdings gibt es hierfür keine absolut objektiven Maßstäbe und insbesondere keine rechenbaren Kennzahlen, aus denen sich automatisch eine Beurteilung ableiten lässt.
Der Kreditsachbearbeiter darf sich bei der Beurteilung des Managements nicht primär auf den persönlichen Eindruck (zum Beispiel "Unternehmerpersönlichkeit") stützen, sondern muss sich darum bemühen, die Beurteilung anhand von möglichst objektiven Kriterien vorzunehmen. Hierbei muss systematisch und in Einzelschritten vorgegangen werden.
Qualifikation des Managements
In der Regel wird es leichter fallen, bei kleinen und mittleren Unternehmen zu einer verlässlichen Aussage zu kommen als bei Großunternehmen, da es hier meist nicht möglich ist, in dieser Frage in die Tiefe zu gehen.
Die einzelnen Ausbildungsstationen und die bisherigen Tätigkeitsfelder sollten erfragt werden, um einen Eindruck darüber zu erhalten, welche Voraussetzungen die Geschäftsführung für die Leitung des zu untersuchenden Unternehmens mitbringt.
Führungsinstrumente
Ein wesentliches objektives Kriterium für die Beurteilung des Managements ist das Vorhandensein und insbesondere die konsequente Anwendung von Führungsinstrumenten Hierzu zählen vor allem ein exakt geführtes Rechnungswesen und die Anwendung detaillierter Planungs- und Kontrollinstrumente
- Umsatz- und Ertragsplanung mit Soll-Ist-Vergleich,
- Finanzplanung mit Soll-Ist-Vergleich,
- Kalkulation und Nachkalkulation,
- Investitionsplanung.
Wesentlich für die Beurteilung des Planungswesens eines Unternehmens ist die Frage, ob ein konsequenter Soll-Ist-Vergleich vorgenommen wird. Sämtliche Planungen wie auch die Kalkulation sind naturgemäß mit Unwägbarkeiten behaftet, so dass Planabweichungen in gewissen Bandbreiten in der Regel nicht zu vermeiden sind. Ein gutes Management wird daher eine zeitnahe Soll-Ist-Kontrolle vornehmen, um Planabweichungen rechtzeitig zu erkennen und durch geeignete Maßnahmen gegenzusteuern.
Im Rahmen der Bonitätsprüfung und insbesondere der Einschätzung des Managements besitzt das Kriterium der Prognoseverlässlichkeit eine besondere Priorität. Nach Möglichkeit sollte sich daher das Kreditinstitut die Planungen nebst dem regelmäßigen Soll-Ist-Vergleich vorlegen lassen. Dies verbessert nicht nur die Basis der Bonitätsbeurteilung zum Zeitpunkt der Krediteinräumung bzw. -prolongation, sondern ist auch ein wichtiges Instrument für die laufende Kreditüberwachung. Zumindest bei kritischen Engagements ist die Einreichung von Planzahlen mit Soll-Ist-Vergleich für eine sorgfältige Bonitätsprüfung und Kreditüberwachung unerlässlich.
Struktur des Managements
Hierbei gilt es, folgende Fragen zu untersuchen:
- Ist in der Geschäftsführung zumindest das Vier-Augen-Prinzip gewahrt (Gegensatz: alleiniger Geschäftsführer mit gleichzeitiger Gesellschafterfunktion)?
- Sind in einer Geschäftsleitung mit mehreren Personen die Verantwortlichkeiten für einzelne Geschäftsfelder (zum Beispiel Produktion, Finanzen, Personal und Organisation) eindeutig festgelegt?
- Entspricht die Organisationsstruktur des Gesamtunternehmens nach Bereichen und/oder Abteilungen eindeutigen und betriebswirtschaftlich sinnvollen Aufgabenstellungen?