Abnehmerstruktur

Analog zur Untersuchung der Absatzmärkte muss die Abnehmerstruktur untersucht werden. Hierbei ist zunächst festzustellen, ob der Abnehmerkreis breit gestreut ist oder ob sich wesentliche Teile des Absatzes auf wenige Abnehmer konzentrieren.

Hieraus ergibt sich die Frage, welche Marktstellung ein Unternehmen gegenüber seinen Abnehmern einnimmt, mit entsprechenden Auswirkungen unter anderem auf die Preispolitik, oder umgekehrt: inwieweit die Konzentration auf wenige Abnehmer die Gefahr heraufbeschwört, dass diese kraft ihrer starken Marktstellung Druck auf die Preisgestaltung und die Lagerdisposition ausüben.

Abnehmer mit starker Stellung gegenüber dem Lieferanten werden dazu neigen, das Lagerrisiko auf den Lieferanten zu verlagern. Eine zu große Abhängigkeit von einzelnen Abnehmern kann zusätzlich dazu führen, dass ein Unternehmen - insbesondere bei nachlassender Nachfrage - überproportionale Preiszugeständnisse machen muss, um keinen Absatzeinbruch zu erleiden. Ferner kann die Abhängigkeit von Großabnehmern bei einer Umorientierung zu anderen Lieferanten zu existenzbedrohenden Umsatzausfällen führen. Bei Konzentration auf wenige Großabnehmer sollte dieses Risiko zumindest durch längerfristige Lieferverträge eingeschränkt sein. Bei der Untersuchung der Abnehmerstruktur ergeben sich also Auswirkungen auf die Aussagen im Rahmen der Bilanzanalyse. Stellen wir fest, dass starke Abhängigkeiten von einzelnen Abnehmern bestehen, stellt sich gleichzeitig die Frage nach der Streuung bzw. Absicherung des Debitorenrisikos. Sind Großabnehmer vorhanden, bedeutet dies in der Regel, dass sich auch der Forderungsbestand auf relativ wenige Debitoren verteilt, mit entsprechenden Auswirkungen im Falle der Insolvenz eines Abnehmers. Bei der Analyse der Abnehmerstruktur ist generell das Debitorenrisiko zu untersuchen. Es ist die Frage zu stellen, ob sich ein Unternehmen in ausreichendem Maße und vor allem auch systematisch über die Bonität der Abnehmer informiert. Dies kann zunächst durch regelmäßige Anforderung von Bankauskünften erfolgen. Sofern die kreditgebende Bank als Hausbank fungiert, kann sie dies anhand der an sie gerichteten Auskunftsersuchen kontrollieren. Eine weitere Möglichkeit der Sicherung vor Debitorenausfällen stellt die Warenkreditversicherung dar. Der Abschluss einer Warenkreditversicherung gewährleistet die Absicherung des Debitorenrisikos unter Inkaufnahme eines angemessenen Selbstbehalts von in der Regel 20 Prozent. Voraussetzung für eine wirksame Absicherung sind jedoch die Beachtung der versicherungstechnischen Vorschriften (zum Beispiel Meldung von Zahlungszielüberschreitungen, Prolongationswechseln etc.) und vor allem auch die Beachtung der für die einzelnen Debitoren eingeräumten Limits.

Im einzelnen wird dies seitens eines Kreditinstituts nur zu überprüfen sein, wenn die Kredite durch Zessionen besichert sind, da im Rahmen der üblichen Zessionskontrolle auch die Versicherungsunterlagen eingesehen werden können und somit unter anderem die Einhaltung der Versicherungslimite zumindest zu den Stichtagen überwacht werden kann. Ist Zessionsdeckung vereinbart, kann auch unabhängig von einer Warenkreditversicherung anhand der Debitorenbestandslisten die Bonität der Abnehmer anhand von Bankauskünften und vor allem auch die Zahlungsweise der Abnehmer regelmäßig überwacht werden. Unabhängig von dem in der Regel problematischen Sicherheitenwert der Zessionen ist die Zessionsdeckung ein geradezu ideales Mittel für Kreditüberwachung und damit für eine permanente Unternehmensanalyse durch ein Kreditinstitut, da hieraus frühzeitig Indikatoren über Veränderungen auf der Absatzseite erkennbar werden.

Besondere Bedeutung kommt der Bonitätsbeurteilung der Debitoren bei Unternehmen mit hohem Exportanteil zu. Hier ist in besonderer Weise der Abschluss einer Warenkreditversicherung zu empfehlen. Dabei geht es jedoch - je nach Exportland - nicht allein um die Absicherung der beim Abnehmer liegenden wirtschaftlichen Risiken, sondern gleichzeitig um die Abdeckung des Länder-, Transfer- und Devisenrisikos. Bei Exporten in politisch und/oder wirtschaftlich instabile Länder muss seitens der kreditgebenden Bank auf eine ausreichende Absicherung dieser Risiken durch entsprechende Versicherung (beispielsweise Hermes) oder bestätigte Akkreditive gedrungen werden. Ferner ist bei exportorientierten Unternehmen darauf zu achten, dass die Währungsrisiken durch entsprechende Devisentermingeschäfte oder durch Aufnahme währungskongruenter Exportfinanzierungkredite abgesichert sind. Eine Absicherung zum Beispiel von Exporten auf US-Dollar-Basis kann wahlweise durch Devisentermingeschäfte (Terminverkäufe) oder durch Finanzierung dieser Exporte mittels eines US-Dollar-Kredits erfolgen.