Factoring
Factoring ist eine Finanzierungsform, die heute in Deutschland im Aufwärtstrend liegt. Sie kann innerhalb des angloamerikanischen Wirtschaftsraumes bereits auf eine lange Tradition zurückblicken.
Der Factor kauft Forderungen aus Warenlieferungen und -leistungen an, und zwar ohne Rückgriffsmöglichkeit auf den Verkäufer im Falle der Zahlungsunfähigkeit seiner Abnehmer (echtes Factoring). Beim so genannten unechten Factoring verbleibt das Delkredere Risiko, also die Möglichkeit eines Forderungsausfalles, nach wie vor bei dem Kunden der Factor Bank. Der Factor übernimmt die Debitorenbuchhaltung und die damit verbundene Arbeit, gleichzeitig finanziert er die Forderungen vom Entstehen bis zum Zahlungseingang oder dem Eintritt des Delkredere Falles.
In rechtlicher Hinsicht stellt sich das Factoring als ein Forderungsverkauf durch Abtretung im Sinne der §§ 433, 398 ff. BGB dar. Das bedeutet, dass der Factoring Kunde dem Factor durch den Abschluss des Vertrages seine sämtlichen gegenwärtigen und künftigen Forderungen aus Warenlieferungen und -leistungen abtritt. Eine solche Abtretung kann selbstverständlich nur dann wirksam erfolgen, wenn der Factoring Kunde nicht bereits vorher durch anderweitige Abtretungen über die Forderungen verfügt hat.
Dies ist häufig genug der Fall beim Zusammentreffen zwischen einer Globalzession und dem verlängerten Eigentumsvorbehalt. Inzwischen hat sich aber auch hier die Rechtsprechung gefestigt (siehe BGH 72, 20), die nunmehr im Gegensatz zu dem Globalzessionsinhaber Kreditinstitut eine andere Lösung vorsieht, wenn verlängerter Eigentumsvorbehalt und Globalzession zugunsten einer Factor Bank zusammentreffen. Im Falle eines echten Factoring gilt das Prioritätsprinzip, d. h., die Factor Bank hat zeitlich immer die frühere Abtretung. Vom Bundesgerichtshof wurde die unterschiedliche Behandlung zwischen Universalkreditinstitut und Factor Bank damit begründet, dass die Factor Bank in diesem Bereich praktische Funktionen des Unternehmens erfüllt, die sich nicht nur auf eine Finanzierung beschränken. Folgerichtig ist dann auch, dass bei einem Ausschalten des Delkredere Risikos (unechtes Factoring) dieser Vorteil der Factor-Bank nicht zustehen soll.
Ein Nachteil für die Verbreitung und volle Ausnutzung des Factoring Systems bildet der von zahlreichen Großabnehmern in Einkaufsbedingungen formularmäßig vereinbarte Ausschluss der Abtretbarkeit. Derartige Forderungen können vom Factor nicht finanziert werden. Gerade das sind aber in der Regel überwiegend besonders solvente Abnehmer, deren Zahlungsfähigkeit außerhalb jeden Zweifels steht und die gleichzeitig einen hohen Betrag der Gesamtforderungen des Unternehmens abdecken. Eine in der Praxis erprobte Lösung ergibt sich dadurch, dass den Drittschuldnern das Einverständnis des Factors angeboten wird, trotz Zustimmung zur Abtretung nach wie vor schuldbefreiend an den Factoring Kunden zahlen zu dürfen, womit sowohl organisatorische Schwierigkeiten wie finanzielle Risiken für den Drittschuldner vermieden werden. Diese Vereinbarung hat den Vorteil, dass die Forderung im Konkursfall dann dem Factor zusteht und nicht in die Masse fällt.
Die Kosten des Factoring setzen sich aus Zinsen bis zum Ausgleich durch die Zahlung des Schuldners und einer Factoring Gebühr zusammen. Die Factoring Gebühr wird als Prozentwert vom Umsatz berechnet. Maßstäbe für die Berechnung sind im wesentlichen die Höhe des durchschnittlichen Rechnungsbetrages, die Anzahl der Schuldner und die Umschlagshäufigkeit. Beim echten Factoring schließt diese Gebühr regelmäßig auch die Deckung für Ausfälle ohne jeden Selbstbehalt ein.
Für das Factoring sprechen folgende zusammengefasste Vorteile:
- Factoring bietet stark expandierenden Unternehmen umsatzkongruent dienotwendigen Mittel für höhere Lagerhaltung und vermehrte Außenstände und ermöglicht damit häufig erst die Umsatzausweitung.
- Die Geschäftsleitung ist von den Aufgaben der Umsatzfinanzierung und der Überwachung der Buchhaltung und des Mahnwesens freigestellt. Die Geschäftsleitung erhält häufig schneller und präziser als vorher Informationen über Entwicklung und Streuung des Umsatzes und kann demzufolge die Akquisition gezielter einsetzen.
- Soweit die im Factoring Verfahren zur Verfügung gestellten Mittel durch bisher eingesetzte Betriebsmittel ersetzt werden können, werden die häufig bei Kreditinstituten gestellten Sicherheiten frei, die zur Umfinanzierung auf langfristige Kredite für Investitionen nunmehr zur Verfügung stehen.
- In der Bilanz des Factoring Kunden fallen auf der Aktivseite die Warenforderungen, die auf den Factor übergegangen sind, und auf der Passivseite normalerweise die Lieferantenverbindlichkeiten, die mit dem Geld des Factors getilgt werden, fort. Die Bilanzsumme ist entsprechend niedriger. Es ergibt sich ein besseres Verhältnis zu den eigenen Mitteln.
- Die Zahlungsbereitschaft hat sich verbessert. Der Betrag der Außenstände wird lediglich insoweit, als der Factor das Delkredere Risiko nicht übernommen hat, als Eventualverbindlichkeit diesem gegenüber unter dem Strich ausgewiesen. In. Zeiten der Stagnation oder gar Rezession, in denen sich die in Anspruch genommenen Zahlungsziele der Abnehmer ganz allgemein verlängern, bleibt die Zahlungsbereitschaft der Firma erhalten, weil die längeren Zahlungsziele vom Factor neutralisiert werden.
Dennoch ist die Frage, ob die herkömmliche Finanzierung über einen Betriebsmittelkredit durch die Hausbank oder die Factoring Finanzierung vorteilhafter ist, im Einzelfall zu entscheiden. Es sollte klar sein, dass strukturelle Schwächen innerhalb der Bilanz eines Kreditnehmers durch Factoring Finanzierung nicht beseitigt werden können. Auch Factor Banken müssen auf die Bonität ihrer Verkäufer von Forderungen achten.